Heute geht es um Antibiotika und den Unterschied zwischen intrinsischen und erworbenen Resistenzen.
Was versteht man eigentlich unter Antibiotikaresistenz?
bakteriologische Grundlagen
Welche Antibiotika gibt es?
Was ist der Unterschied zwischen intrinsischen und erworbenen Resistenzen?
Welche Resistenzmechanismen gibt es?
Welche Bakterien sind problematisch?
Warum sind Antibiotikaresistenzen so gefährlich?
Welche Verfahren zur Resistenzbestimmung gibt es im Labor?
Was sind die Ursachen für die Zunahme an Resistenzen in den letzten zwei Jahrzehnten?
Können wir noch verhindern, dass sich Antibiotikaresistenzen weiter ausbreiten?
Für alle, die es noch nicht getan haben, empfehle ich für ein besseres Verständnis vorher Antibiotikaresistenzen Part 1 zu lesen.
3. Welche Antibiotika gibt es?
Antibiotika werden anhand ihrer unterschiedlichen chemischen Strukturen und damit verbunden, verschiedene Angriffspunkte an Bakterien eingeteilt, sogenannte Antibiotikaklassen. Um die komplexen Strukturen von Antibiotika und deren Wirkmechanismen zu verstehen, benötigt man eine ganze Menge an chemischen Fachwissen. Das kann ich euch mal eben so hier natürlich nicht vermitteln :). Dennoch können wir uns ein paar grundlegende Dinge über die Einteilung, Wirkung und ein paar chemische Strukturen mal etwas genauer anschauen.
einige wichtige Antibiotikaklassen sind
Betalactam Antibiotika
Zu den Betalactam Antibiotika gehören z. B. die Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme. Hier ist ein kleiner Auszug von Vertretern dieser Klassen.
Penicilline
Penicillin G und V
Amoxicillin
Ampicillin
Piperacillin
Cephalosporine
Ceftriaxon
Cefpodoxim
Cefixim
Cefepim
Cefotaxim
Carbapeneme
Imipenem
Ertapenem
Meropenem
Alle Betalactam Antibiotika haben gemeinsam, dass in ihrer chemischen Grundstruktur ein Betalactam Ring existiert und sie prinzipiell den gleichen Wirkmechanismus haben, indem sie die Peptidoglykansynthese hemmen. Das heißt, dass sich Bakterien nicht mehr vermehren können, weil sie ihre Zellwand nicht mehr aufbauen können.
Grundstruktur Betalactam Antibiotika
Strukturen der Penicilline
Penicillin G wird beispielsweise häufig bei sensiblen Streptokokken und Pneumokokken Infektion eingesetzt. Amoxicillin wiederum kommt bei Enterokokken oder Listerieninfektionen zum Einsatz. Cephalosporine haben ein ziemlich breites Wirkspektrum, das heißt sie wirken gegen sehr viele bakterielle Infektionen. Während Cephalosporine der ersten Generation hauptsächlich gegen grampositive Kokken zum Einsatz kommen, sind Cephalosporine der neueren Generation auch zunehmend gegen gramnegative Stäbchen wirksam. Das Wirkspektrum von Carbapenemen ist ebenfalls sehr breit gefächert und auch wenn die Resistenzen in den letzten Jahren zugenommen haben, gelten sie immer noch als Reserveantibiotika für schwere Verläufe von Infektionskrankheiten.
Chinolone
einige wichtige Vertreter sind
Ciprofloxacin
Levofloxacin
Moxifloxacin
Chinolone (auch Fluorchinolone oder Gyrasehemmer) hemmen die Topoisomerasen (Enzyme) in Bakterien, die bei der Nukleinsäuresynthese benötigt werden und bestehen in ihrer chemischen Grundstruktur aus der organischen Verbindung Chinolin. Sie gehören auch zu den Breitbandantibiotika, wirken aber vor allem gegen gramnegative Bakterien wie z.B. Enterobakterien, aber auch gegen Mykoplasmen und Chlamydien. Zum Einsatz kommen sie häufig bei Behandlung intraabdomineller Infektionen, Infektionen der Knochen und Gelenke, ambulant erworbene Pneumonie oder komplizierte und unkomplizierte Harnwegsinfektionen.
Strukturen der Chinolone
Chinolone stehen aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen seit langem in der Diskussion. Fluorchinolone sollen laut der Europäischen Arzneimittel-Agentur künftig nicht mehr zur Behandlung von leichten bis mittelschweren Infektionen eingesetzt werden, für die andere Antibiotika zur Verfügung stehen. Man muss auch dazu sagen, dass diese Nebenwirkungen sehr selten vorkommen, dennoch gibt es häufig Alternativen mit weniger ausgeprägten Nebenwirkungen.
Makrolide hemmen durch Bindung an die ribosomale 50 S-Untereinheit und Inhibition der Peptidyltransferase die bakterielle Proteinsynthese. In ihrer Grundstruktur sind sie zyklisch aufgebaute Antibiotika mit einem Laktonring, haben aber unterschiedlich große Laktonringe. Alle Makrolide haben ein breites Wirkspektrum inklusive intrazellulärer und atypischer Bakterien und Spirochäten. Azitrhomycin ist ein wichtiges Antibiotikum bei der Therapie von Neisseria gonorrhoeae.
Es gibt natürlich noch eine ganze Menge mehr Antibiotika wie Aminoglykoside, Folsäureantagonisten, Tetracycline uvm.. Auf dem nachfolgenden Bild sind nochmal die unterschiedlichen Angriffspunkte einiger ausgewählter Antibiotika dargestellt.
Ihr seht Antibiotika sind sehr vielfältig in ihrer Struktur und Wirkungsweise. Die genauen Mechanismen sind auch für mich als Chemikerin und Mikrobiologin nicht immer einfach zu verstehen. Tatsächlich stoße ich hier an meine Grenzen und finde auch nicht immer passende Literatur dazu. Grundlegende Kenntnisse habe ich während meines Studiums in zwei Semestern Medizinalchemie erlangt. Das hat mir beim Verständnis viel weiter geholfen.
4. Was ist der Unterschied zwischen intrinsischen und erworbenen Resistenzen?
intrinsische Resistenzen
Bei intrinsischen Resistenzen handelt es sich um natürliche Resistenzen von Bakterien gegenüber Antibiotika. Sie sind also schon vorhanden und genetisch bedingt. Beispiele dafür sind die Unwirksamkeit von Cephalosporinen gegen Enterokokken, die Resistenz von Penicillin G gegen Pseudomonas aeruginosa resistent oder die Resistenz von Proteus mirabilis/ vulgaris/ penneri und Providencia rettgeri gegen Nitrofurantoin.
Auf der Website von EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) findet ihr eine umfangreiche Übersicht in Tabellenform, welche Bakterien gegen welche Antibiotika natürlich resistent sind.
Erworbene Resistenzen entstehen durch genetische Veränderungen also Mutationen in Bakterien. Wenn sich in einer großen empfindlichen Bakterienpopulation auch in geringer Zahl resistente Stämme befinden, so kann, durch Einwirkung eines Antibiotikums auf die empfindlichen Stämme und somit deren Abtötung, die resistente Population überleben. Wie dies im großen Maßstab passieren kann, werden wir später besprechen.
Eine weitere Möglichkeit der Resistenzentwicklung besteht in der Aufnahme von DNA, die einen Resistenzfaktor kodiert. Das bedeutet das durch verschiedene Mechanismen Resistenzen von Bakterium zu Bakterium oder von Phagen auf Bakterien übertragen werden können. Auch hier gestaltet es sich leider so, dass es sich um sehr komplexe Prozesse handelt, worüber man ein ganzes Buch füllen könnte. Ich habe aber ein paar schöne Grafiken gefunden, die diese Mechanismen zumindest im Ansatz gut erklären.
Transformation
Wenn ein Bakterium stirbt, kann dessen DNA an die Umgebung abgegeben werden und somit auch deren Resistenzgene, falls diese vorhanden sind. Ein anderes Bakterium kann mithilfe bestimmter Membranproteine diese Resistenzgene aufnehmen. Diesen Vorgang nennt man Transformation.
Konjugation
Durch sogenannte Sexpili können sich Bakterien miteinander verbinden und so plasmidgebundene Resistenzgene aufeinander übertragen. Solche Plasmide werden Resistenztransferfaktoren (RTF) genannt.
Transduktion
Durch Bakteriophagen (Viren, die nur Bakterien als Wirt haben) kann resistenzkodierte DAN auf Bakterien übertragen werden. Zum einen können Phagen ihre DNA mittels des Enzyms Integrase als Prophage in das Bakterium integrieren. Zum anderen können sie sich aber auch im Bakterium vermehren und bei Lyse des Bakterium können transducting particels entstehen.
Alles in allem ist es gar nicht so einfach zu verstehen, wie Antibiotika wirken und Antibiotikaresistenzen entstehen. Hier konnte ich nut einen kleinen Einblick geben. Derzeit plane ich einen umfangreichen Mikrobiologie Expert Kurs für Interessierte. Das nimmt aber sehr viel Zeit in Anspruch, also schaut doch immer mal vorbei und bleibt auf dem Laufenden.
Iin Part 3 werden wir uns mit Resistenzmechanismen und problematischen Bakterien beschäftigen.
Quellen
Suerbaum, Sebastian et al. (2020): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 9. Auflage Springer (Verlag) Hof, Herbert; Schlüter, Dirk (2019): Medizinische Mikrobiologie, 7. Auflage, Thieme Verlag KG